Neutronen und Neuronen, Kapitel 2

  • Kapitel 2


    Ela's kleiner Körper wurde von Radioaktivität überschwemmt. Sie spürte ein Kribbeln als die Substanz und ihre geänderte DNS darauf reagierte. Dann Schmerz. Das Gewebe zwischen ihre Knochen wurde wieder zu Knorpel, damit die Knochen erneut wachsen konnten. Alles tat weh, dieser Schmerz hatte sie seit der Pubertät nicht mehr gefühlt. Aber genauso schnell wie er begonnen hatte, verschwand er auch wieder, und ihr Körper fing an sich auszudehnen. Langsam wurden ihre Gliedmaßen länger und dicker, ihr Brustkorb expandierte, denn ihre Zellen vermehrten sich wie verrückt, gefüttert von der Strahlung.

    Für Ela schien es, als ob das Bett unter ihr langsam schrumpfte. Die Füße der Obdachlose drückten erst gegen das Fußende, dann glitten sie langsam darüber. Ja, im Schneckentempo zwar, aber Ela spürte, wie ihre Füße über das Bettende glitten. Ihr Kopf berührte mittlerweile schon die Wand am anderen Ende und sie musste ihre Körperhaltung anpassen. Ela merkte wie ihre Schultern breiter wurden und ihre Muskelmasse zunahm. Und ihr Körper schien sich auch zu verjüngen, da ihre kränkliche Haut immer schöner und gesunder aussah je größer sie wurde. Ela fühlte sich merkwürdig fit, als ob sie wieder sechzehn oder siebzehn war. Ihr Herz raste. Vor Aufregung. Sie wuchs nicht nur, sondern hatte offenbar auch noch aus den Jungbrunnen getrunken! Es war wunderbar!

    Ihr Körper trank die Strahlung. Ela lächelte. Sie fragte sich, ob sie jetzt wohl in einem Kernkraftwerk arbeiten könnte, da Radioaktivität ihr nichts mehr anhaben konnte. Vielleicht war diese Strahlung ja jetzt ein Nahrungsmittel für sie geworden. Sie sah sich schon im Reaktor zwischen die anderen Arbeiter dort laufen, jeder im Strahlungsanzug, außer sie. Ela, die in normaler Kleidung arbeiten konnte wo anderen spezielle Anzüge tragen mussten! Ja, ein Job. Das wäre was. Nie mehr betteln.

    Nein. Die Dosierung war ja gering und Ela wollte kein Risiko eingehen.

    Ihr war irgendwie komisch. Als ob sich ihren Geist ebenfalls verjüngte. Ela fühlte sich emotionaler als normal. Oder lag es bloß an der Aufregung, weil sie jetzt endlich größer wurde?

    So wanderten ihre Gedanken während sie wuchs.

    Das Wachstum stoppte als die radioaktive Strahlung ausgeschaltet wurde. Dr. Tylicki kam ins Zimmer, auf ihrem Gesicht ein Lächeln. Sie fragte wie Ela sich fühlte und die antwortete, dass sie sich nie besser gefühlt hatte, sich zuerst aufrecht setzend und dann aufstehend. Aber dann verschwand Dr. Tylicki's Lächeln auf einmal. Ela, aufrecht stehend, sah zuerst nur die Wand des Zimmers, dann sah sie nach unten und erschrak.

    Dr. Tylicki kam ihr kaum bis zur Brust!

    Mit ihren Schuhen an, während Ela barfuß war!

    "Oh mein Gott!" riefen beide Frauen gleichzeitig.

    "Was ist passiert? Das... das... sollte nicht geschehen..." krächzte Dr. Tylicki.

    Ela war stumm vor Staunen. Sie konnte nur auf ihren langen, langen Körper hinabsehen.

    "Ohhh... oh...". Dr. Tylicki nahm Ela bei ihrem jetzt ziemlich dickes Handgelenk und ging mit ihr zu einem Messgerät, aber als sie daneben stand (und die Doktorin auf einen Stuhl), überragte sie sogar das Gerät. Also musste die Doktorin den Rest mit einem Messstab messen.

    Dr. Tylicki sah Ela mit weit offenen Augen an.

    "Du... du bist 2,10 m!" sagte sie völlig erstaunt.

    "WAS???" rief Ela. Wie groß? 2,10 m?

    "War das denn geplant?" fragte sie.

    "Nein. Etwas größer, allenfalls vielleicht zehn, fünfzehn Zentimeter, ja, aber du... es scheint, als ob deine DNS etwas zu empfänglich für die Substanz ist. Jetzt bist du... ehhh... groß," sie sprach das letzte Wort leise aus.

    "Ach nein! Wirklich?"

    Ela ging traurig in ihrem Zimmer, legte sich ins Bett und schmollte. Dr. Tylicki hatte ihr begleitet und ließ ihr allein, etwas über mehr Untersuchungen machen murmelnd.

    "Fantastisch!" dachte Ela. "Erst ein Zwerg, jetzt ein Riese. Ich und meine Wünsche."

    Was jetzt? Klar, während sie bettelte saß sie auf den Boden, also dann würde keiner ihrer Größe bemerken, aber was wenn sie über die Straße lief? Die Leute würden ihr ansehen als ob sie ein Monster wäre. Und Henry, wie würde der wohl reagieren? Klar, keine Witze mehr über kleine Leute. Dafür über Große. Sie sah ihn in Gedanken schon da stehen, sich über ihre neue Größe lustig machend.

    Während sie auf ihn herabsah.

    Dieser Gedanke änderte ihren Gemütszustand schlagartig.

    Ja, sie war ja jetzt größer als er. Weshalb sollte sie sich noch von ihm beleidigen lassen? Und war sie jetzt nicht auch fitter als zuvor? Ela spannte einen Arm, und es bildete sich ein schöner, großer Muskel. Stark. War sie Henry körperlich über? Ja.

    Ihre Laune änderte sich. Sie sah sich selber im Stehen betteln. Intimidiert von ihrer Erscheinung gab jeder Geld. Betteln? Warum keinen Sport treiben, wie Volleyball oder Basketball? Ja, mit ihrer neuen Ausdauer und natürlich Körpergröße konnte sie locker ein WNBA-Star sein, mit tausenden Fans und ein fürstliches Gehalt. Ela lachte, und als Dr. Tylicki wieder ins Zimmer kam wurde diese von einer überraschend enthusiastischen Ela gefragt weshalb sie jetzt so fit war.

    "Na, Fettzellen gehören nicht zum Körper weil sie keine DNS enthalten, Muskelzellen schon," antwortete diese. "Deshalb haben sich nur die Muskelzellen vermehrt. Ja, du bist jetzt stärker und hast mehr Ausdauer als vorher. Wir haben in der Tat geringe Zunahmen diesbezüglich bei den anderen Versuchspersonen festgestellt.

    "Gut! Und wie stark bin ich genau?"

    "Na ja, wir haben über dich und diese unerwarteten Ergebnisse geredet, und möchten das und andere Sachen testen..."

    Ela war schon gierig aus dem Bett gesprungen.

    "Wo fangen wir an?"


    Fortsetzung folgt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Vaalser4 (30. Januar 2020 um 17:08)

  • [...], da ihre kränkliche Haut immer schöner und gesunder aussah je größer sie wurde.

    [...], ob sie jetzt wohl in einem Kernkraftwerk arbeiten könnte,[...]

    Ich habe mir einen Kommentar beim ersten Kapitel geschenkt und daher möchte ich die (wie immer sehr kreative) Prämisse dieser Geschichte loben, Vaalser.

    Ich bin gespannt wie lange Ela bereitwillig bei den Untersuchungen mitmacht und wie sie wächst. Radioaktive Strahlung ist ja nicht gerade an jeder Straßenecke zu erhaschen. (Zumindest nicht in einer nennenswerten Menge.)

    Und mit 210cm Lebensgröße mag sie zwar sehr einschüchternd wirken, aber sicherlich nicht genug um sich Einlass in ein Atomkraftwerk zu erzwingen.

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