Marcellino,
ich habe wahrscheinlich wirklich eine sonderbare Einstellung zu dieser Fantasie, aber wenn es nicht eine Illusion ist, daß ich wirklich winzig sein will, so wäre dies im "Erfüllungsfall" auch öffentlich. Jeder könnte es sehen, Witze drüber machen, es misbrauchen, mich ignorieren, unfreundlich sein, oder eben wohlgesonnen und Alle wüßten was für ein "Freak" ich bin.
Wenn ich das wirklich will, so sollte es mir auch nichts ausmachen, daß darüber freimütig geredet wird. Wenn ich eine Freundin hätte, die mich auch als Winzling annähme, so müßte ich es auch aushalten, daß eine andere Riesin sie "hinter meinem Rücken" in der Küche fragt: "Was machst Du mit dieser Fliege, was kann er Dir geben ?! Wieso verschwendest Du Dich an so ein Insekt ?" und irgendwie sehen, was all dies für mich zeitigt. So gesehen ist nicht viel dabei, daß dies "herumposaunt" wird - in meinen Augen. Daß meine Ex-Schwiegermutter mir nicht gerade wohlgesonnen war - in diesem Punkt - ist offenbar. Nur nochmals: Wenn ich jetzt wirklich klein werden könnte, müßte ich damit ja auch leben. Es gehört dazu; ich will nicht klein sein unter Bedingungen. Ich möchte klein sein und dann versuchen ein Leben, buchtsäblich unter Menschen zu führen. Was sie dann mit mir tun ist Teil der Geschichte. Wie wir alle würde ich hoffen - und ersehnen und brauchen - daß ich Freunde finde, daß mich jemand lieb hat. Daß sie ERBARMEN für mich haben; daß sie ein Stück weit verstehen: SO willst Du also sein; na gut dann komm her. Aber das ist offen. Ich würde versuchen, dergleichen zu finden und auch zu "erwecken". Vielleicht hätte ein kleiner Mann, der wirklich seine Winzigkeit lebt auch etwas Nettes, Gewinnendes. Nur ist das nicht eine Bedingung. Wenn Häme, Bosheit und Gehässigkeit über mich gegossen würden, so wäre das schlimm, aber ich würde trotzdem klein sein wollen. Das ist nämlich das, was (mein echtes) ICH von anderen bekomme. Wenn sie jetzt als normal gewachsener Mann anders zu mir sind, so ist das nur der Fall, weil ich verkleidet in einer Zwangsjacke stecke. Ich möchte keine Freundschaft und Zuneigung nur deshalb, weil ich in eine andere Haut gesteckt bin als meinem Naturell entspricht. Diese Zuneigung scheint mit nur Illusion; sie ist der Lohn für ein Stück Verstellung, Verbiegung, Verstümmelung. Ich will meiner Nächsten Liebe nicht wegwerfen, aber eigentlich ist diese Liebe, wenn sie davon abhängt, daß ich nicht klein bin, eine Liebe die zugleich eine fundamentale Ablehnung enthält.Wenn es die Möglichkeit gäbe klein zu werden und meine Frau mich auf der Stelle töten würde (ich nehme an, daß dies vielleicht geschehen könnte, weil sie merkt, daß sie es einfach nicht ertragen kann, so einen Winzling um sich zu haben; das halte ich für möglich, Grausamkeit, Vergnügen zu quälen kann nicht die Ursache sein, dazu kenne ich sie zu gut ), dann würde ich es trotzdem tun. Es ist absolut nicht, was ich mir wünsche und vielleicht wäre der Selbsterhaltungstrieb stark genug, daß ich es nicht könnte, aber dieser Gedanke fühlt sich an als hinge man mich im Widerspruch leben zu wollen und daß das Leben eigentlich keinen Sinn macht auf. Das Einzige was mich hindern könnte mich verkleinern zu lassen ist, dass es Andere unglücklich macht, ihnen schadet.
Andererseits, darf und will ich meine leiben Menschen nicht "zwingen". Wenn sie mich nicht mehr mögen könnten, so sollen sie es auch nicht tun. Dann bin ich, wenn ich so bin wie ich eigentlich möchte für sie wohl nicht liebenswert im ursprünglichsten Wortsinn. Das wäre bitter, aber ich müßte es annehmen. So gesehen ist die Reaktion meiner Ex-Schwegermutter vollkomen adäquat, weil sie einen Hinweis gibt, wie sie mit mir umginge. Es gibt zwei verfälschende Aspekte dabei: Wenn Menschen hören: "Der möchte so klein sein, daß er in einer Steichholzschachtel schlafen könnte", so mögen sie wer-weiß-welche Vorstellungen haben, wie das wäre. Vielleicht stellen sie sich vor, daß ich in dieser Form mit meiner Partnerin schlafen möchte und finden es eine Zumutung, weil sie sich sehr gut vorstellen können, daß IHR das nun wirklich Nichts gibt. Das kann ich mir auch vorstellen. Vielleicht denken sie, daß ich wie ein kleines Kind dauernd umsorgt werden möchte. Das ist beides nicht wahr. Ich weiß nicht ob ich mit (m)einer Frau schlafen wollte, sicher nicht, wenn das für sie merkwürdig, störend oder unangenehm wäre. Ich möchte etwas mit ihr tun, was uns gut tut. Möglicherweise ist das nicht, was einem in den Sinn kommt, wenn man zum ersten Male von dieser Fantasie hört. Wharscheinlich ist nicht klar, wie weit sie mich - zumindest potentiell - vom Normalen, Gängigen abrückt. Diese fehlende Information mag die erste Reaktion "verfälschen"; doch denke ich sollte man sie trotzdem aushalten, und davon ausgehen, daß sie zumindest ein Fingerzeig wäre auf die Reaktion, die käme, wenn ich wirklich klein wäre.
So gesehen ist es auch richtig, daß meine Frau dies ihrer Mutter erzählt hat. Die Fantasie hat in unserer Ehe eine Rolle gespielt, vielleicht sogar eine Große. Es ist ihre recht damit so umzugehen, wie es ihr entspricht. Wenn sie sich ausspricht und auch die bohrenden Fragen: "Warum geht's denn so schlecht ..." auf diese Art abschwächen will, so ist es recht, daß sie es tut. Wenn ich mir glauben soll daß ich meinen Wunsch, winzig zu sein, ernst meine, so sollte ich doch woll locker aushalten, daß er öffentlich wird. Ich habe die Reaktion meiner Ex-Schwiegermutter schon als nicht nett und auch schlimm empfunden, ich war auch empört, aber das ist nur das, was ich, wie ich eigentlich bin, bekomme; das ist nur die Realität. Sie hat mich eben, zumindest unter diesen Bedingungen, nicht gemocht. Das ist traurig; eigentlic würde ich gerne gemocht. Stünde ich vor ihr, würde ich versuchen zu zeigen und zu sagen: Ich bin ein netter kleiner Kerl; ich bin lieb; ich bin brav; ich bettel auf Knien zu Deinen Füssen um ein bischen Zuneigung; mag mich doch ein wenig, auch wenn ich so bin - bitte. Doch wer weiß, was sie mit mir täte, wäre ich allein ihr ausgesetzt in dem Moment. Nun, das ist gerade das Experiment, daß die Verwirklichung der Fantasie bedeuten würde. Vielleicht gäb's ja Menschen, die sagen würden: Na dann komm mit, kleiner Kerl, bist ja auch ganz drollig. Es ist ganz gut, wenigstens eine Ahnung zu haben, wer auf keinen Fal so reagieren würde. Auch ich weiß dann, wie gut ich bei ihr aufgehoben bin