Das babylonische Ritual, Kapitel 2

  • Kapitel 2

    An jenen Abend saß Katja zu Hause am Tisch, mit der Rolle und ein weiteres Buch, welches sie aus dem Lager mitgenommen hatte. Das war ein Wörterbuch, gedacht für sowohl Studenten der Geschichte als Sprachforscher, um etwa 200-300 Jahre alte englische Wörter ins moderne Englisch zu übersetzten.

    Die Schriftrolle berichtete über ein Ritual, eine magische Handlung, um die Körpergröße zu ändern. Das hatte Katja schon in der Bibliothek begriffen und an den Illustrationen erkannt. Da stand zum Beispiel eine große Menschenfigur, die in eine kleine verwandelt wurde. Katja, die dank ihrer Körpergröße schon öfters paranormale Sachen ausprobiert hatte, glaubte als Erwachsene immer noch an so was. Jeder andere hatte die Rolle als Humbug betrachtet, aber nicht Katja. Konnte sie sich etwas kleiner machen? Und endlich normal sein?

    Es würde Zeit kosten. Zuerst musste sie ein Amulett aus Silber herstellen. Schriftzeichen des alten Babylons, die sog. Keilschrift, musste sie danach im Amulett kratzten während sie in Akkadisch, die damalige Sprache, Zauberformeln zitierte. Dieses Amulett musste sie schließlich mit der nackten Haut berühren während des eigentlichen Rituals.

    Dafür brauchte sie, laut Schriftrolle, Kohle um auf den Boden ein Pentagramm zu zeichnen. Des weiteren fünf schwarze Kerzen, verschiedene Kräuter welche verbrannt werden mussten, und wieder Zauberformeln zitieren in Akkadisch. Dann würde jene Person, welche das Amulett hergestellt hatte und sich im Pentagramm befand, schrumpfen.

    Katja war enthusiastisch. Sie würde es versuchen!

    Aber die Kräuter welche sie brauchte gab es nicht in den Staaten, deshalb musste sie die importieren. Auch die Zauberworte musste sie richtig auszusprechen lernen, also suchte sie im Internet nach Videos und Tonbestände in der Sprache der alten Babylonier. Zum Glück gab es Leute die sich für verschwundene Kulturen interessierten. Das, wonach sie suchte, hatte sie schon bald gefunden.

    Zwei Wochen später bekam sie dann ihre Sachen per Post geliefert. Die Zaubersprüche hatte sie mittlerweile ausreichend geübt und das silberne Amulett geschaffen (dazu schmelzte sie ein paar ihrer Ringe, Halskettchen und Ohrringe aus Silber ein). Das Buch, das inzwischen zurückgebracht worden war, hatte sie sich selber ausgeliehen und ebenfalls gelesen. Es standen noch mehr Rituale und Zauber darin und auch wie sie das Ergebnis des Schrumpfrituals rückgängig machen konnte. Einfach das Amulett mit der Haut berühren und "rabû emēru" sagen. Jedenfalls glaubte sie, das es so etwas war, denn das 200 Jahre alte Englisch was immer noch nicht leicht zu übersetzen. Egal, sie wollte das eh nicht tun, sondern normalgross, oder sogar unterdurchschnittlich groß sein.

    An jenen Abend, ein Donnerstag, saß sie in dem mit Kohle auf den Boden gezeichnetes Pentagramm, zündete die schwarzen Kerzen an, hatte das Amulett an einer kleinen Kette befestigt und es sich um den Hals gehängt. Dann verbrannte Katja, während sie die babylonischen Formeln murmelte, die auf der Rolle genannten Kräuter.

    Aber es passierte nichts. Na, vielleicht dauerte es etwas? Katja entschloss sich, zu warten.

    Am nächsten Tag war sie allerdings immer noch über zwei Meter groß, deshalb wiederholte sie Abends das Ritual. Aber es passierte wieder nichts.

    „Scheiße,“ dachte sie enttäuscht. Sie hatte geglaubt, ja sogar erwartet, dass es funktionieren würde. Aber nein. Sie war immer noch die Katja, die alte Damen erschrak als die ihre Körpergröße sahen und nochmals erschraken, als die sahen, dass es sich um eine Frau handelte. Sie ging, fast weinend, ins Bett. Nach dem Wochenende würde sie Schriftrolle und Buch zur Bibliothek zurückbringen und vergessen.

    Aber als sie am nächsten Morgen aufwachte, merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte.

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