Eine Frage der Perspektive

  • Zusammenfassung
    Zwei Riesen finden kleine Zivilisationen und nehmen sie unter ihre Fittiche. Ihre unterschiedlichen Charaktere führen zu erstaunlichen Unterschieden in ihrem Umgang mit den Kleinen.
    Enthält
    crushing
    vore
    humiliation
    gentle
    Blutig
    Ja

    Teil I

    Vanessa ging weiter in den Wald als sie es gewöhnlich tat. Sie war gelangweilt von den ausgetretenen Pfaden auf denen sie gewöhnlich spazieren ging und wollte sich die Gegenden ihrer neuen Heimat anschauen, die sie bisher noch nicht kannte. Vor Kurzem zog sie in ein kleines Dorf, um näher an ihrer Arbeit zu sein, denn eine Wohnung in der Stadt konnte sie sich einfach nicht leisten. Bis sie Leute kennengelernt hatte, musste sie sich die Zeit eben anders vertreiben und drinnen kann man bei so schönem Wetter einfach nicht bleiben. Schnell fiel ihr auf, dass die Ecke, die sie gefunden hatte, relativ wenig bearbeitet wurde. Totholz wurde offensichtlich nicht entfernt, aber sie war leichtfüßig und fand sich trotzdem zurecht. Wahrscheinlich war die relative Wildheit der Umgebung auch der Grund, weshalb ihr der Übergang zu dem aufgeräumten Bereich, in den sie aus Zufall stolperte, so abrupt vorkam.

    Vanessa dachte zuerst, dass hier Waldarbeiten stattfänden und der verwilderte Bereich, den sie vorher sah, wohl bald als nächste drankäme, aber diese Vermutung wurde durch eine neue Entdeckung infrage gestellt. Zuerst erkannte sie es nicht richtig und ging näher ran, aber es war keine Täuschung. Gebäude. Klein, aber hochgradig detailliert. Straßen. Nicht geteert, aber ohne Zweifel menschlich aussehende Straßen. Ob hier jemand sein Hobby betreibt? Seltsam... Warum ausgerechnet hier? Moment! Das sind nicht nur vereinzelte Gebäude, das ganze Ding ist ja tatsächlich richtig groß! Eine Miniaturstadt mitten im Wald? Das musste Vanessa genauer erkunden. Sie ging zum Stadtrand und blickte neugierig hinein: Dutzende, nein hunderte kleiner Menschen gerieten bei der Ankunft der Gigantin in Panik und suchten nach Schutz, kopflos durch die Straßen fliehend, bloß weg von diesem furchterregenden Anblick.

    Als Vanessa diese Ameisen als Menschen identifizierte, stand ihr der Mund offen. Sie schloss die Augen und strich sich durch ihre schulterlange, rote Mähne. Als sie die Augen wieder öffnete, waren die kleinen Menschen immer noch da. Ihr technischer Stand entsprach nicht dem unsrigen, ihre Kleidung und ihr Baustil hatten etwas Antikes an sich, fast schon attisch anmutendes. Sie versuchte, beruhigend den Leuten zuzureden, dass sie ihnen nichts tun werde und ihre Panik vollkommen ungerechtfertigt sei, doch es half nichts. Auch weitere Versuche, konnten die Dynamik der Situation nicht entschärfen. Vanessa rollte mit den Augen und stampfte einmal mit ihrem Wanderschuh auf. „Hey, jetzt rede ich! Hört endlich auf, wegzulaufen, wenn ich mit euch rede!“ Die Wucht ihres Auftretens zerstörte dabei einige Fassaden und zwei drei Häuser in der Nähe des Epizentrums brachen sogar zusammen. Keiner der Kleinen konnte sich auf den Beinen halten, die gesamte Bevölkerung wurde von dem Erdbeben zu Boden gerissen. Ohne auch nur irgendjemanden zu berühren, hatte Vanessa die komplette Massenpanik beendet. Angsterfüllt schauten sie nun zu ihr hinauf. Auch in normalen Verhältnissen konnte Vanessa mit ihren 1,82 als groß gelten und viele ihrer Kollegen überragen, aber das war hier natürlich kein Vergleich.

    Zufrieden, blickte sie nun lächelnd auf die Stadtbewohner:“ Na also, warum nicht gleich so. Ich habe keine Ahnung, warum ihr so reagiert, aber ich habe wirklich kein Interesse daran, euch und eure kleine Zivilisation hier zu zerstören. Jetzt erklärt mir erst mal, wer ihr seid und wie ihr ausgerechnet hier, inmitten einer Industrienation, euch versteckt halten könnt?“

    Auf dem höchsten Gebäude stieg Rauch auf. Interessiert wandte sie sich ihm zu und nahm die Delegation, die auf dem Dach zusammengekommen war, in Augenschein. Eine Art Hohepriester, seltsam jung für sein Amt, aber das schienen alle hier zu sein, begann zu sprechen: „Wir sind die Mykonier und leben hier schon seit Beginn der uns bekannten Aufzeichnungen. Von einer Industrienation haben wir noch nie etwas gehört, dass wir uns in ihr befinden zeigt, wie unfassbar groß die Welt um uns herum ist. So groß, dass wir noch nicht einmal in der Lage sind, sie voll zu erfassen. Nur die Götter können die Geheimnisse verstehen, die Normalsterblichen, wie uns, verschlossen bleiben. Wir bitten euch untertänigst um Verzeihung. Bitte verschont uns vor eurem göttlichen Zorn.“

    Darauf fielen die Priester auf die Knie und huldigten Vanessa. Der Rest der Bevölkerung folgte, als ihnen ein Zeichen gegeben wurde. Vanessa war sprachlos. Konnte das hier wirklich sein, wurde sie gerade als eine Gottheit vererhrt? „OK, OK! Jetzt beruhigen wir uns erst mal. Mein Name ist Vanessa und ihr dürft mich Duzen, bitte hört mit dieser komischen Anrede auf. Ich bin euch auch nicht böse, es ist nur so, dass ich mir etwas Gehör verschaffen wollte.“

    Ihre gut gemeinten Worte kamen vollkommen falsch an. Anstatt sie von der Unsinnigkeit ihrer Ehrerbietung zu überzeugen, bestärkte ihre Antwort die Hohepriester in der Überzeugung, genau das Richtige zu tun.

    Erleichterung breitete sich aus, als die wieder aufstanden und sie überglücklich mit Lob überhäuften. Als jeweils zwei splitternackte Männer und Frauen das Dach betraten, vergrößerte sich Vanessas Verwirrung nur noch weiter. „Wir bitten dich, als Dank für deine Gnade, diese Blutopfer zu akzeptieren. In normalen Zeiten genügt es, Opfertiere zu schlachten und zu verzehren, doch in außergewöhnlichen Umständen wie diesen, kann nur menschliches Blut das Gleichgewicht wiederherstellen.“

    Was verlangte dieser Verrückte von ihr?! Essen sollte sie diese Leute? Sie sah nochmal genau hin. Keiner von ihnen dürfte älter als 20 sein. Es waren vier unschuldige, zärtliche Gesichter, die sie ansahen, als ob von ihr verschlungen zu werden, die Erfüllung ihrer Existenz bedeutete. Ein schweifender Blick über das Panorama der restlichen Bevölkerung bestätigte diesen Eindruck. Auch sie blickten Vanessa mit einer erwartenden Haltung an, sie zwangen ihr es geradezu auf.

    Innerlich mit den Achseln zuckend beschloss Vanessa, ihr Publikum nicht zu enttäuschen und packte den ersten Freiwilligen, der in ihrer Hand geradezu verschwand. Sie zögerte kurz als sie ihn vor das Gesicht hielt. Er war eigentlich richtig süß und verdiente es nicht, so früh zu sterben. Sie konnte doch nicht einfach so die Jugend eines Volkes fressen, das sie zufälligerweise für eine Göttin hielt. Doch als die braunen Kuhaugen ein stummes „Bitte“ von sich gaben, überwand Vanessa sich und verschlang den Kleinen. Da völlige Stille herrschte knackte es hörbar, als Vanessa ihr erstes Opfer zermahlte. „Hmm... so schlecht schmecken die eigentlich gar nicht, vielleicht könnte ich an solche Ehrerbietungen gewöhnen,“ dachte sie sich, während sie, diesmal weniger zimperlich, nach einer nicht weniger süßen Blondine griff. Schmatzend erlöste Vanessa sie von ihrer Aufregung und wandte ihren Blick wieder den anderen zu. Der gierige Ausdruck in ihren Augen verschreckte nun sogar so willige Opfer, wie die, die sich ihr gerade noch hingeben wollten. Aber Vanessa hatte Blut gewittert und wollte jetzt alles. Sie erkannte, dass der übrige Mann eher strauchelte und packte ihn darum als nächstes. Panik ergriff ihn nun und er versuchte verzweifelt, sich aus dem Griff von Vanessas Hand zu befreien. Doch es war sinnlos, er war eingeklemmt wie von einem Schraubstock. Um ihn zu beruhigen leckte Vanessa seinen Körper sanft mit der Zunge ab, was ihm sehr zu gefallen schien. Für eine Sekunde glaubte er, dass Vanessa, die ihn nun freundlich anlächelte, verschonen würde. Sein Trugschluss konnte falscher nicht sein, noch bevor er überrascht aufschreien konnte, verschwand er in ihrem Schlund und wieder ging das Bersten der Knochen durch Mark und Bein.

    Es war gar nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatten. Im Gegenteil, es war einfach nur schrecklich! Viele der Schaulustigen hatten ihren Blick abgewandt oder angefangen zu weinen bei dem Anblick der grausamen Göttin. In ihrer Vorstellung war es viel sauberer und schmerzloser abgelaufen. Nur die Angst vor dem Zorn der Göttin disziplinierte sie nun, nicht die Flucht zu ergreifen. Auch das letzte Opfer, eine 18-jährige Brünette, begriff nun, für was sie sich eigentlich gemeldet hatte und war von Tränen überströmt. Doch das hinderte Vanessa nicht daran, sie zu genießen. Bevor das Pflänzchen von ihr aus dem Leben gerissen wurde, gab Vanessa ihr eine Kuss, um die Kleine zu trösten.

    Damit war das Opfer angenommen. Aber selbst dem Hohepriester wurde es übel. Ihm dämmerte langsam, was für ein kolossaler Fehler das hier war. Vanessa begann, die Furcht, die sie ausstrahlte, langsam zu mögen. Mit einem sadistischen Lächeln blickte sie auf die versammelte Priesterschaft hinab, die unter der Schwere des Blickes mit jeder Sekunde sich kleiner zu machen schien. Da begann Vanessa sich zu fragen, wie weit sie mit ihrer Autorität eigentlich gehen konnte? Interessiert, aber auch erstaunlich gleichgültig hob sie ihren Stiefel und senkte ihn über die Masse. Erneut brach eine Panik aus, aber sie waren einfach nicht schnell genug, um zu entkommen. Über ein Dutzend wurde von Vanessa in den Staub gedrückt und diejenigen, die sich noch gerade retten konnten starrten fassungslos, wie ihre Mitbürger für eine Schrecksekunde einen gequälten, kreatürlichen Todesschrei von sich gaben, bevor ihre Körper nachgaben und von der Sohle zu einem nicht mehr zu identifizierenden Feld von Hautfetzen, Knochensplittern, Fleisch und Kleidung gepresst wurden. Der Druck ließ sogar Spritzer von Blut von den Stiefelrändern heraustreten, die einige der Nächststehenden trafen. Als Vanessa ihren Stiefel wieder hob war der Anblick so schrecklich, dass viele sich erbrachen oder gleich in Ohnmacht vielen. Dennoch blieb, nachdem die unmittelbare Gefahr vorüber war, eine Massenflucht aus. Zufrieden sah Vanessa wieder zum Hohepriester.

    „Zweifelst du an der Gerechtigkeit meines Urteils?“

    „Nein! So etwas würden wir uns niemals anmaßen!“ Schrie er seine Antwort fast schon, unsicher, ob sie ihn retten oder ins Verderben stürzen würde.

    „Gut, hätte ich dir auch nicht geraten.“

    Einmal editiert, zuletzt von Katha (19. November 2022 um 20:18) aus folgendem Grund: Entfernung der Größenangaben, lasst eure Phantasie spielen

  • Taran 17. November 2022 um 09:17

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Schönes erstes Kapitel, macht Spaß zu lesen.

    Der einzige Kritikpunkt den ich habe sind ein paar Unstimmigkeiten beim Größenverhältnis.

    Wenn die Mykonier tatsächlich nur 1 cm groß sind, verschwinden diese auch schon zwischen Daumen und Zeigefinger, bzw werden schon bei der ersten Berührung zerquetscht.

    Zudem könnte Vanessa die kleinen nicht hören, da deren Stimmen zu leise wären und der Turm müsste (umgerechnet) ca 190 Meter hoch sein, was es früher noch nicht gab.

    Passender wären eher zb 5 cm , da hier die eben genannten Dinge passen würden.

    Es ist aber deine Geschichte und du darfst natürlich selbst frei entscheiden, wie du diese schreibst.

    Lg

    Ps: vielleicht sind die Mykonier ja sehr gute Bauleute und konnten den Turm ja doch bauen XD

  • Da die Statik in dieser Größe (bzw. Kleine) eine ganz andere ist (Gewicht wächst exponentiell zur Größe, daher wiegen kleine Lebewesen und eben auch Gebäude relativ zu ihrer Größe gesehen viel weniger), ist das mit dem Turm nicht unrealistisch.

    Und außerdem lebt der Fetisch von der Fantasie, es ist auch höchst unrealistisch, ein so kleines Volk zu finden, insofern einfach Kopf ausmachen und genießen ;) Ich finde die Geschichte bisher jedenfalls super!

  • Bitte fangt nicht an, wegen der Details zu streiten. Es macht einfach keinen Sinn. Ich empfand die Bemerkung such nicht als Kritik, sondern als gut gemeinten Input.

    Barfuss kommt auch noch, aber erst im nächsten Kapitel (welches sich auch auf eine andere Figur konzentriert).

  • Teil II

    Nicki brauchte Zeit für sich allein. Nach langen Tagen wie diesem, war er einfach nicht mehr aufnahmefähig und jeder Versuch, etwas mit Freunden zu machen oder sich vor die Glotze zu setzen, hätte das weiße Rauschen in seinem Kopf nur noch verstärkt. Stattdessen machte er einen ausgedehnten Spaziergang, wo er seine Gedanken schweifen lassen konnte und sich auf nichts konzentrieren musste.

    Sein etwas längeres, braunes Haar war nach hinten gekämmt, damit es nicht die ganze Zeit auf seine Brille fiel. Sie umrahmte ein weiches, glattrasiertes Gesicht, das ein wenig blass wirkte. Auch der Rest von Nickis Körper erweckte den Eindruck einer gewissen Zerbrechlichkeit. Seine Versuche, sportlich aktiv zu sein, erstickten Gewichtszuwächse im Keim, sodass er ein wenig untergewichtig, aber dafür sehr drahtig wirkte. Seine Körpergröße von 1,70m rundete das Bild ab. Sein friedfertiges Wesen führte schon früh zu einer starken Abneigung von Gewalt, zu der ohnehin nicht viel getaugt hätte. Wie unschwer zu erraten, war Nicki in der Schule ein gefundenes Fressen für Mobber aller Art gewesen. Er hatte die Grausamkeit seiner Mitmenschen schon im frühesten Alter ertragen müssen, weshalb er sich in der Pubertät immer mehr zurückzog und allmählich das Verlangen nach Interaktion mit seiner Umgebung verlor. Dadurch fehlten ihm Erfahrungen, die viele seiner Altersgenossen in der Pubertät wie selbstverständlich lernten, wodurch er sich immer wieder durch alltägliche Situationen quälen musste, die anderen so neidbar leicht gelangen.

    Nichtsdestotrotz schaffte er es, sich später in einen bescheidenen, aber beständigen Freundeskreis einzufügen und ein nach Außen sicheres, zum Teil sogar elegantes Auftreten an den Tag zu legen. Damit konnte er sich selbst und seine Umgebung in der Regel über die beständige Unsicherheit in seinem Inneren hinwegtäuschen, aber diese Fassade aufrechtzuerhalten kostete Kraft, die er nicht hatte. Folglich die langen Phasen des Rückzuges, wenn er sich besonders lange anstrengen musste. Wie heute eben.

    Dabei war er so in Gedanken, dass im gar nicht auffiel, wie weit er eigentlich von seiner üblichen Route, die er eigentlich so gut wie nie verließ, abwich. Als im auffiel, wie ungewohnt der Wald um ihn herum aussah, war es bereits zu spät, um den Ausweg schnell wieder finden zu können. Aber nach einem kurzen Murren über die Situation setzte Nicki sich wieder in Bewegung, diesmal sehr genau darauf achtend, wohin und in welche Richtung er ging. Wahrscheinlich hätte er es gar nicht bemerkt, wenn er sich nicht verlaufen hätte, aber eine seltsam regelmäßig angeordnete Menge von weißen Steinen zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Fasziniert entschied Nicki, sich das Ganze näher anzusehen und bewegte sich auf die Gebilde zu. Erstaunt stellte er fest, dass es ein großes Gewusel zwischen den Steinen gab. Eine Insektenkolonie vielleicht? Nicki rückte seine Brille zurecht und warf nochmal einen genaueren Blick hin. Dann erkannte er, dass es sich bei den weißen Steinen um eine Stadt aus Fachwerkhäusern handelte, die von einer mittelalterlich gekleideten Bevölkerung besiedelt war. Natürlich war Nicki der Grund für das ganze Gewusel da unten, wie ihm schnell einleuchtete. Überwältigt und erstaunt setzte Nicki sich auf einen Baumstumpf und beobachtete das Treiben eine Zeit lang. Nach eine paar Minuten dämmerte es auch den in Panik fliehenden Menschen in der Stadt, dass von dem Riesen, der sie beobachtete, keine direkte Gefahr ausging und die Panik klang langsam ab. Dennoch erweckte der Anblick eines so großen Mannes blankes Entsetzen bei ihnen und es kostete sie immer noch Überwindung, die Nerven zu behalten. Eine in prächtigen Farben gekleidete Delegation von Honoratioren wurde schließlich ausgesandt, um mit Nicki Kontakt aufzunehmen. Sie erklärten ihm, dass sie dazu bereit wären, ihn als ihren Lehnsherrn anzuerkennen und ihm ewige Treue zu schwören, wenn er im Gegenzug darauf verzichtete, die Stadt zu zerstören und sie unter seinen persönlichen Schutz zu stellen. Natürlich wären die üblichen Abgaben und Arbeitsdienste Teil der Vereinbarung. Der letzte Teil brachte Nicki zum Lachen, was sollte er mit den Abgaben und der Arbeitskraft so kleiner Menschen anfangen? Doch seine schelmische Seite wollte nur allzu gern wissen, wie so eine Tätigkeit als Lehnsherr denn in der Praxis aussieht und er nahm das Angebot dankend an. Alle, sowohl den Honoratioren, Fahnenträgern, dem Schreiber und dem einfachem Volk, das sich in die Nähe getraut hatte, war die Erleichterung anzumerken. Hoffentlich meinte er es wirklich gut mit ihnen.

    In den nächsten Tagen verbrachte Nicki fast jede freie Stunde bei seinen neuen Untertanen. Vielleicht konnten sie ihm nicht wirklich weiterhelfen, er verzichtete auf das Lehen, aber dafür hatte Nicki selbst dem kleinen Städtchen eine Menge zu bieten. Er brachte Essen, grub Kanäle, um Überschwemmungen zu vermeiden, verlegte große Mengen an Material, wozu seine Untertanen Tage gebraucht hätten, in einem einzigen Handgriff und unterstützte sie, wann immer sie ihn fragten. Weil es bequemer war, zog er beim Arbeiten seine Sneaker aus und war nur noch in T-Shirt und kurzer Hose unterwegs. Ein Kleidungsstil, der alle Anwesenden immer noch irritierte. Sein Lieblingsprojekt war der Bau einer Kirche. Nicki begutachtete das Baugerüst, er war bei der Planung von Projekten dieser Größenordnung beteiligt und hatte Erfahrung mit dem Bau von Modellen. Zwar konnte er natürlich keine Feinarbeiten machen, aber die groben, schweren Sachen übernahm er sehr gerne. Das Gerüst war ungenügend gesichert und stellte für die Arbeiter eine große Gefahr dar. Er riss es ab und baute stattdessen ein neues. Hier war er in seinem Element und konstruierte mit kleinen Holzstäbchen ein wesentliches sichereres Gerüst. Den Rest der Planung überließ er aber den Baumeistern und führte lediglich den bereits gefassten Plan aus. Die Gilden konnten so furchtbar eingebildet auf ihren Stand sein und natürlich musste überall das „Gerechte Maß“ und andere Elemente der Zahlenmystik eingehalten werden, wobei er sie auch gar nicht stören wollte, auch wenn er insgeheim zu der einen oder anderen Sache eine andere Meinung hatte.

    Weniger spaßig war die Rolle als oberster Schiedsrichter in Streitfragen. Wegen welchen Zeug es überall etwas zu entscheiden gab und natürlich musste immer die Präzedenz, die er natürlich nicht kannte, berücksichtigt werden. Die Verhandlungen konnten unglaublich zäh und öde sein, jedenfalls bis ihm einige der unmenschlichen Strafen, die für diese Menschen üblich zu sein schienen, als Richtspruch empfohlen wurden. Rädern, Martern, Verbrennen, Ertränken und so weiter. Er zuckte zusammen bei dem Gedanken, einem anderen Menschen so etwas anzutun und es war das erste Mal, das Nicki ein Machtwort sprach.

    „Das verbiete ich! Alle Strafen, bei denen der Verurteilte mit brutaler Gewalt verstümmelt oder sogar getötet wird, sind ab sofort unrechtmäßig und dürfen nicht mehr verhängt werden!“

    Verwirrung war die Folge, weshalb sollte man so vollkommen übliche Arten der Bestrafung denn Abschaffen?

    „Weil gegen die Würde des Menschen verstößt und einen schweren Grundrechtseingriff darstellt, was wollt ihr machen, wenn ihr jemanden tötet, der am Ende unschuldig war?“

    Der letzte Punkt leuchtete ein, aber von Grundrechten hatte noch niemand etwas gehört. Alles Recht sei von Gott gegeben und damit unhinterfragbar für sie. Da hatte Nicki seine neue Mission gefunden. Er hatte sie von Not befreit so gut er es konnte, jetzt musste er sie zur Freiheit erziehen.

    In den nächsten Tagen nahm Nicki sich vor, alles umzukrempeln. Er befahl die Einführung des allgemeinen Schulwesens, erklärte das Prinzip der gutenbergischen Druckerpresse und durchforstete seine Bücherregale nach den Klassikern, die er ihnen nahebringen wollte.

    „Hobbes... überspringen wir lieber, John Locke ist viel weniger martialisch, nehmen wir lieber ihn, wenn wir Vertragstheorie durchnehmen. Kant natürlich! Hmm... was noch? Popper sparen wir uns lieber noch für später. Marx... keine gute Idee. Machiavelli auch nicht. Vielleicht das Grundgesetz... ja, wieso eigentlich nicht, zumindest Auszüge sollten hilfreich sein, um eine Rechtsbasis zu schaffen. Rawls ist auch gut, dann kann ich ihnen erklären, warum ich das Ständewesen nicht gut finde, aber abschaffen werde ich es noch nicht. Das ist Joseph II schon auf die Füße gefallen, als er zu viel reformieren wollte. Bereits jetzt dürfte das alles hier ein ziemlicher Kulturschock sein.“

    Das war es auch, aber zu seiner Erleichterung hatte Nicki die Begierde, mit der seine Untertanen publizierten und sich mit neuen Ideen auseinandersetzten, weit unterschätzt. In Rekordzeit hatte er sie vom Mittelalter in den aufgeklärten Absolutismus katapultiert. Und das alles ohne 30-Jährigen-Krieg und der Tyrannei der Territorialherrscher! Wenn sie bereit waren, würde er ihnen die Grundzüge der liberalen Demokratie erklären, ihnen eine Blaupause der ersten Dampfmaschine zeigen und ihnen den Weg in die Industrialisierung ebnen. Keynes und Friedman hatte er auch schon rausgesucht. Nicki war unglaublich stolz auf sich. Das erste Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, etwas bewirkt zu haben. Diese Menschen hatten eine glänzende Zukunft vor sich und das war sein Werk! Wer weiß, vielleicht würden sie sogar die normale Zivilisation überholen, wenn sie in dem Tempo weitermachten. Mit jedem Tag, den er bei seinen neuen Freunden verbrachte, viel es ihm schwerer, abends wieder nach hause zurückzukehren.

  • Teil III

    Mittlerweile hatte Vanessa ihre Terrorherrschaft gefestigt. Sie genoss die Menschenopfer und hin und wieder ein Exempel an ihren Sklaven zu statuieren. Einen Grund brauchte sie dafür nicht, sie tat es einfach, wenn es ihr in den Sinn kam und ließ ihre Sklaven wissen, dass jeder und jede zu jeder Zeit zum Opfer gemacht werden konnte. Es verfehlte die geplante Wirkung nicht. Wenn Vanessa in die Nähe kam wurde es still und keiner wagte es, einen Blick auf ihre Göttin zu riskieren. Sie arbeiteten härter und schneller, hoffend, dass sie nicht die nächsten sind, wenn sie sich besonders gut anstellen. Ein häufiger Trugschluss, Regeln zu finden in einer Situation, die von Willkür geprägt ist.

    Heute ragte sie in Shorts und einem Bra über den unglücklichen Mykoniern auf, ihre Riemchensandalen lagen irgendwo an einem Baumstumpf angelehnt. Sie hatte es lieber, wenn sie die Todeskämpfe direkt unter ihren Sohlen spüren konnte.

    Gerade schritt sie das Stadtinnere ab und suchte nach einer neuen Gelegenheit, um ihren Alltagsfrust abreagieren zu können. Ein Junge, der bei der Flucht zur Straßenseite einen Korb mit Lebensmitteln fallen gelassen hat und jetzt an einer Häuserwand kauerte, gab ihr den nötigen Vorwand.

    „Aufheben“, donnerte es von oben. Der Junge schaute nach oben und erschrak, als er sah, dass er von dem schrecklichen Monster mit einem erwartungsvollen, strengen Blick gemustert wurde. Entschuldigungen stammelnd, rannte er auf den Korb zu, niete nieder und versuchte, alles wieder einzusammeln, aber Vanessa hob ihren großen Zeh über ihn und drückte ihn auf den Boden. Zuerst lief er rot an und machte hilflose Bewegungen, um sich zu befreien. Genau dieser hilflose Kampf ums Dasein war es, was Vanessa so genoss, es fühlte sich einfach schön an so gestreichelt zu werden. Voller Einsatz war garantiert, denn wer würde nicht seine ganze Energie aufwenden, wenn es ums eigene Überleben ging. Doch früher oder später wollte sie immer ein neues Spielzeug und nach einer Minute wurde der Junge langweilig. Dann drückte Vanessa fester zu, sodass der Junge sich gar nicht mehr bewegen konnte und die Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Schließlich zersprangen seine Knochen unter dem Gewicht und sein Körper verformte sich unter der Last, bis das Leben vollständig aus ihm herausgedrückt war und in roten Farben die Straße verzierte. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle Anwohner bereits das Weite gesucht. Wenn Vanessa in einem Blutrausch war, wollte sie mehr als nur einen Mykonier zum spielen und dann war es für die eigene Gesundheit besser, einen möglichst großen Abstand einzunehmen, wie sie aus eigener Erfahrung lernen mussten. Aber das hinderte Vanessa nicht wirklich, sie riss einfach das Dach von einem der umstehenden Häuser, in dem die Bewohner sich sicher gefühlt hatten, und versperrte mit den Dachtrümmern den Ausgang. Bettelnde und flehende Gesichter sahen zu Vanessa empor, wenn sie nur wüssten, dass dies Vanessa nur noch schärfer machte. Sie griff hinein und packte sechs von ihnen auf einmal. Bevor sie ihre Opfer verschlingen konnte traute eine Frau sich doch: „Bitte friss uns nicht auf, wir wollen wenigstens beerdigt werden können, damit wir zu unseren Ahnen in der Unterwelt können!“

    „Na gut, diesen Gefallen kann ich euch tun“, sagte Vanessa und führte ihre Hand zum geöffneten Schlund. In einer Bewegung biss sie allen sechs die Köpfe ab und visierte schon die restlichen Hausbewohner an, während sie die die Leichen achtlos wegwarf.

    „Aber ihr fühlt euch doch geehrt, eurer Göttin zu dienen?“ Schluchzen war die einzige Antwort, sie waren zu fertig, nach dem was sie gerade gesehen hatten. Es war genau das, was Vanessa sehen wollte. Diesmal gab es keine Widerrede als Vanessa die restlichen Hausbewohner knuspernd von ihrem Elend erlöste.

    Zeit, dem Hohepriester einen Besuch abzustatten. Es handelte sich bereits um Nummer vier, der Posten war zu einem Himmelfahrtskommando geworden und statt des Würdigsten wurde mittlerweile der erstbeste Trottel aus dem Priesterseminar genommen. Ablehnen konnte man so ein wichtiges Angebot nicht und jeder war froh, wenn der Kelch an einem selbst vorüberging.

    „Ich hoffe doch, dass ihr heute nur die besten Dankesgaben verbrannt habt und dass die Opfer für die Zeremonie morgen jung und nicht so zäh sind, wie beim letzten Mal?“

    „Ja, selbstverständlich. Wir versuchen immer, nur die würdigsten Gaben und Menschen für dich zu finden und das Versagen meines Vorgängers war durch nichts zu entschuldigen. Wir versprechen dir, du wirst vollauf zufrieden sein!“

    Die Männer im Hintergrund wurden blass bei dem Gedanken, wieder durch die Häuser ziehen zu müssen und „Freiwillige“ auszuerwählen.

    „Gut, sie es als deine Bewährungsprobe. Meine Fehlertoleranz ist gering, wie du weißt.“

    Sie wandte sich wieder ab und überlegte sich, was sie als nächstes tun sollte, als sie aus dem Off ein „noch mal gutgegangen“ hörte.

    Wutentbrannt drehte sich Vanessa um. „WAS HAST DU GESAGT?!“

    „Nichts... ich wollte nur...“

    Da hörte ihm Vanessa schon gar nicht mehr zu, sondern führte ihre Hand zu dem Turm und schnippte den Hohepriester mit einer einfachen Handbewegung weg. Er fiel tief und als alle Anwesenden sich über den Rand wagten, konnten sie seinen Körper noch einmal zucken sehen, bevor es endgültig vorbei mit ihm war.

    „Der Nächste kann sein Maul hoffentlich besser halten“, bemerkte Vanessa in einem sarkastischen Tonfall, bevor sie die zitternde Priesterelite wieder verließ.

    Sie überlegte, ob sie nicht bald wieder gehen sollte, immerhin brauchten ihre Sklaven Zeit, um die Löcher wieder zu bevölkern, die sie in die Bevölkerung riss und sie wollte noch lange Spaß mit ihnen haben. Da bemerkte sie eine Gruppe von kleinen Menschen, die das Schauspiel aus der Ferne gesehen hatten, aber gar nicht wie Mykonier aussahen. Sie ergriffen beim Anblick des schönen Ungeheuers sofort die Flucht, aber das war natürlich aussichtslos. Mit einer flinken Bewegung schnappte sie einen von ihnen und setzte ihren rechten Fuß auf die drei anderen, nicht um sie zu töten, sondern um sie zu demobilisieren. Ihre Uniformen erinnerten Vanessa an Preußen, sie schätzte sie ungefähr auf Mitte des 18. Jahrhunderts, die Zeit Friedrichs II vielleicht.

    (Nur weil Vanessa grausam war, war sie nicht dumm, im Gegenteil. Sie verband eine scharfe Intelligenz mit ihrer Leidenschaft zu Gewalt und Manipulation – eine Kombination die sie im Job schnell voranbrachte und dafür sorgte, dass sie auch sonst alles bekam, was sie wollte.)

    „Wer seid ihr und warum schnüffelt ihr hier rum?“

    „Wir sind Kundschafter, es ist unsere Aufgabe, das Land zu kartographieren, um unser Wissen über die Umgebung zu vertiefen. Bitte tu uns nichts, wir haben keine bösen Absichten und wir wussten von eurer Existenz bisher gar nichts. Ich schwöre es!“

    „Vielleicht lügst du ja? Wer hat euch geschickt und wo kommt ihr her?“

    „Das Außenministerium hat uns geschickt, unsere Heimat ist...“

    Er bremste sich, als er merkte, dass es keine gute Idee war, einer Menschenfresserin den Weg nach hause zu zeigen. Noch bevor er sich eine Ausrede überlegen konnte, übte Vanessa Druck auf seine Kumpanen aus, die wilde Schmerzensschreie ausstießen.

    „Willst du für den Tod deiner Kameraden verantwortlich sein? Noch einmal: Wo kommt ihr her?“

    Er brach unter dem Druck zusammen und fing an, zu heulen. Scheiße, aus dem würde sie so schnell nichts mehr rauskriegen. Vanessa ließ den Kleinen einfach fallen, sodass er auf einem Stein aufschlug. Der Tod trat direkt ein. Als nächstes holte Vanessa die drei anderen unter ihrem Fuß hervor und setzte sich im Schneidersitz hin. Die drei Kundschafter ließ sie zwischen ihre Beine plumpsen.

    „OK, ihr habt gehört, was ich mit eurem Freund gemacht habe. Wenn euch euer Leben lieb ist, solltet ihr seine Fehler nicht wiederholen.“

    Sie sangen sofort...

  • Teil IV

    Es dauerte gar nicht lange, bis Vanessa den Ursprungsort des kleinen Kundschaftertrupps, den sie auf dem Weg entsorgt hatte, gefunden hatte. Wie sie es sich gedacht hatte, handelte es sich um einen straff organisierten Territorialstaat, der allmählich begann, sich auszubreiten und neue Siedlungen planmäßig an einer Art Frontier anzulegen. Was sie allerdings wunderte war, dass die allgemeine Geschäftigkeit durch ihre Anwesenheit gar nicht so sehr gestört wurde, wie bei den Mykoniern. Waren sie schon mal normalen Menschen begegnet? Oder handelte es sich wirklich um kleine, disziplinierte Preußen, die sich einfach durch nichts von der Pflicht abhalten ließen? Die kleine Delegation, die auf sie zu kam, könnte vielleicht Licht ins Dunkle bringen. Der am hochrangigsten wirkende begann, sich als Premierminister vorzustellen und hieß sie im Namen aller Anwesenden willkommen. Interessiert fragte Vanessa nach:

    „Premierminister? Dann bist du bestimmt das Regierungsoberhaupt, aber bist du auch Staatschef?“

    Der Premier lächelte:“ Nein, nein. Unser König und erster Diener des Staates ist leider im Moment abwesend, aber ich vertrete ihn währenddessen und habe absolute Vollmacht. Aber vielleicht wird er bald kommen, er ist ein sehr gefragter Mann und wir haben ihm viel zu verdanken. Sie werden bestimmt genauso beeindruckt von ihm sein, wenn Sie ihn erst mal sehen.“

    „Nicht nötig, du kannst ihm von mir ausrichten, dass er seines Amtes enthoben ist. Ich bin euer neues Staatsoberhaupt und ihr werdet ab sofort mir zu dienen haben.“

    Die Beamten sahen sich verwirrt an. War das vielleicht ein Scherz?

    „Hören Sie, junge Dame, ich glaube nicht, dass Sie verstehen was ich meine. Denn eigentlich ist unser Staatschef einer von ih...“

    Er kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden, denn da waren bei Vanessa bereits die Sicherungen durchgebrannt. Sie packte den Premierminister und ein paar der Regierungsbeamten und zerdrückte sie im Zorn in ihrer Hand, die gebrochenen Körper ließ sie fallen. Das wird sie sich nicht gefallen lassen, dachte sie. Von einem so arroganten Krümel zurechtgewiesen zu werden wäre den Mykoniern nicht mal im Traum eingefallen. Wenn sie mit diese Bälgern unterworfen hat, werden sie genauso lammfromm sein wie ihre Sklaven. Das heißt natürlich, wenn sie noch welche übrigließ...

    Vanessa begann ihren Amoklauf, indem sie die kleinen Beamten, die ihrem Griff entkamen, zertrat. Sie stupste sie mit einen nach dem anderen mit den Zehen um und zerquetschte sie genüßlich unter ihren unbekleideten Füßen. Sie versuchten noch, auf allen Vieren hervorzukriechen und sich zu retten, aber Vanessa ließ ihnen dafür keine Chance. Nachdem der letzte Beamte unter ihren Füßen platzte war Vanessa auch schon in der Nähe der großen Stadt. Die Bewohner haben das Gemetzel aus der Ferne beobachtet, aber blieben so lange ungläubig stehen, bis es zu spät war. Erst als Vanessa am Stadtrand war nahmen sie die Beine in die Hand. Vanessa tauchte ihren Fuß in die Menge ein und kostete das kitzlige Gefühl von weichen, zarten Händen, die gegen ihre Fußsohlen schlugen, vollkommen aus. Am schönsten war das Gefühl zwischen den Zehen, da ihre Haut dort sensibler war und die Kleinen dort am härtesten kämpften, um noch irgendwie den rettenden Satz nach vorn zu schaffen. Sie musste, anders als bei den Mykoniern, keine Rücksicht auf die Population nehmen und nutzte diese Freiheit in vollen Zügen aus. Bei ihren nächsten Schritten zerquetschte sie sogar noch mehr Menschen, es war wie Weihnachten. Sie warf einen Blick zurück und sah, dass in den Abdrücken zwischen den Zehen noch etwas Bewegung war. Sollte sie sie austreten wie Zigaretten, um wirklich alle zu töten... Nein, eigentlich gefiel es ihr, wenn sie litten, das hatten sie nach dieser Insubordination auch verdient. Lachend fing Vanessa an, die größeren Gebäude um sich herum zu zerstören. Besonders auf die große Kirche hatte sie es abgesehen, die sogar zwei Tritte brauchte, bis sie in sich zusammenfiel. Danach begann sie, systematisch alle kleinen Gebäude zu zerstören, bis sie mit ihrem Werk zufrieden war.

    Auch den Dörfern wollte Vanessa sich zuwenden, die Städter konnten ihr ja ohnehin nicht entwischen, sie würde sich nachher mit ihnen weiterbeschäftigen. Aber wo anfangen? Die Dorfschule sieht vielversprechend aus. Ohne auf die Häuser und Menschen zu achten, die sie auf dem Weg dorthin zertrat, ging Vanessa zielstrebig auf die Schule in der Mitte des Dorfes zu. Sie hörte allerdings die abgeschnittenen Schreie und fühlte die kleinen Körper der Leute, die sie zu Tode trat und jedes mal, wenn es mehr waren als gewöhnlich, zauberte es ein kleines Lächeln auf Vanessas Gesicht. An ihrem Ziel angekommen, riss Vanessa das Dach der Schule weg und fragte sich dabei, ob die Leute hier anders schmecken. Sie testete diese Hypothese an dem Lehrer, der wild strampelnd in Vanessas geöffneten Mund fiel und knirschend von ihr verspeist wurde. Einen Unterschied konnte sie nicht feststellen, aber da sie schon mal hier war, wollte sie auch den Rest der Klasse nicht verschmähen. Es war wohl eine Abschlussklasse, die Schüler sahen schon volljährig aus. Als erstes griff sie nach dem Klassenopfer, der sich bereits in eine Ecke verkrochen hatte und glaubte, dort unsichtbar zu sein. Der Streber folgte ihm sogleich nach. Die restlichen Schüler kauerten sich zusammen und waren entweder voller Angst oder vollkommen apathisch. Das heißt, bis auf eine gewisse Gruppe. Der Anführer der Halbstarken trat hervor und schien im Übermut zu glauben, dass er mit Vanessa einen Deal machen könnte. Immerhin hatte sie bisher genau die Leute gefressen, die ihm ohnehin zuwider waren und er fühlte sich seinen Kameraden ohnehin überlegen. Außerdem sah die Riesin verdammt gut aus, er würde sie mit ihrem Charme schon irgendwie davon überzeugen, ihn zu verschonen. Er lächelte Vanessa an und begann ihr zu erzählen, dass sie im Grunde innerlich gleich wären und sie beide über diesem Pöbel stünden. Vanessa lächelte zurück und und entschied, dem kleinen Arsch eine Lektion zu erteilen. Sanft hob sie ihn hoch und hielt ihn vor ihr Gesicht. Als er glaubte, Vanessa vollends um den Finger gewickelt zu haben, ergriff sie mit der anderen Hand seine Arme und fing langsam an, zu ziehen. Als sie ihm die Arme auskugelte brüllte der Kleine wie am Spieß. Doch Vanessa hörte nicht auf, mit einem widerlichen Geräusch riss sie ihm seine Arme ab. Als ob er ein kleines Insekt wäre und ließ ihn kopfüberhängend ausbluten. Auf dem Bauch liegend, die Füße in der Luft und mit einem Arm den Kopf abstützend, ließ sie den Schwall auf seine Klassenkameraden regnen, die von der Dusche wegzurennen versuchten. Als der Halbstarke ausgelaufen war, begann Vanessa, den Rest der Klasse mit ihrem Zeigefinger zu jagen. Dabei zerdrückte sie sie nicht wie die anderen, sondern zerschnitt sie mit ihrem Nagel. Je nachdem wo sie ansetzte, lebte die obere Hälfte noch etwas weiter oder verblutete schnell. Den gnadenvollsten Tod hatten diejenigen, die sie direkt köpfte. Vanessa schnippte einen Köpfe in den Rest der Menge, wo er ein Mädchen traf, das in hysterischer Panik zusammenbrach.

    Die Schulklasse zu terrorisieren hatte unglaublich viel Spaß gemacht, aber nach ein paar Minuten waren alle Spielzeuge kaputt und Vanessa musste sich wieder auf die Suche nach neuen machen. Sie zerstörte, was von dem Dorf noch übrig war und naschte ein paar Familien zum Nachtisch, bevor sie sich wieder zurück in die Stadt machte.

    Wie erwartet, kamen die verirrten Leute nicht dazu, ihre Flucht auch nur im Ansatz zu organisieren, sodass kaum jemandem die Flucht in dem Chaos auch wirklich gelang.

    „Sehr gut“, sagte Vanessa, „also wo haben wir bei meiner Fußmassage aufgehört...“

  • Teil V

    Voller Vorfreude begab sich Nicki wieder in den Wald, um den Fortschritt seines kleinen Volkes zu begutachten. Im Kopf ging er bereits durch, was er sich für heute vorgenommen hatte und der Weg erschien ihm dadurch kürzer als sonst. Aber bereits in mittlerer Entfernung bemerkte er, dass jemand dort war, aber ihm den Rücken zugewandt und mit etwas anderem beschäftigt war. Besorgt verschnellerte er seinen Schritt, bis er auf zerstörte, mit entsetzlich entstellten Leichen übersäte Siedlungen fand. Auch die halbzerquetschten Überlebenden sah er, doch bei seiner Größe konnte er ihnen nicht helfen, was Nicki innerlich das Herz brach.

    Jetzt rannte er, das Einzige, was er noch tun konnte war, die Person aufzuhalten, die seine Freunde umbrachte. Als er die überraschte Frau herumriss und erfolglos versuchte, sie zu Boden zu zwingen, wurden seine Unterarme von zwei starken Händen ergriffen, die ihn gegen den nächsten Baum knallten und dort festhielten. Nicki versuchte, sich in ohnmächtiger Wut zu befreien, aber er war körperlich vollkommen unterlegen.

    „Nicki, bist du das? Sag mal, hast du eigentlich komplett den Verstand verloren, was zum Teufel sollte das gerade?!“

    Da sah er hoch und erkannte das Gesicht der Frau, die seinen Traum zerstört hatte. Es war Vanessa. Sie waren damals gemeinsam zur Schule gegangen und hatten sich seitdem nicht mehr gesehen. Er war damals heimlich verliebt in sie gewesen, aber hatte sich nie getraut,es auszusprechen. Auch damals war sie schlimm zu den schwachen Kindern gewesen, aber Nicki war lange Zeit unter ihrem Radar gewesen, zumindest bis er sich vor lauter Hoffnung etwas näher an sie herangewagt hatte. Danach war sie die mit Abstand schlimmste Mobberin, die Nicki jemals ertragen musste. Die anderen hatten ihm zwar wehgetan, aber Vanessa hatte ihn zerstört. Die Situation, seine Hilflosigkeit und das wiederkehrende Trauma waren mehr als Nicki ertragen konnte und er fing an, jämmerlich zu weinen. Es war wieder wie früher, warum konnte er nicht einfach in Frieden gelassen werden und seinen Interessen nachgehen? Warum waren es immer die Brutalen und Rücksichtslosen, die immer alles bekamen, was sie wollten? Die Lehrer hatten immer nur eingegriffen, wenn die Gemobbten sich gewehrt hatten, dann mussten sie sich entschuldigen und wurden dafür, dass sie einmal für sich aufgestanden waren, noch tiefer in den Staub getreten. Auch später im Job war es vollkommen egal, wie hart man arbeitete oder wie viele Überstunden man machte. Immer waren es die Machiavellisten, die die Beförderung bekamen, die Konkurrenz ausstachen und die Karriereleiter hochkletterten. Nicki würde für immer zu den Fußabtretern gehören und das wusste er auch ziemlich genau. Doch jetzt, wo er dass erste Mal seit Jahren wieder vollkommen glücklich sein konnte und einen Ort gefunden hatte, an dem er sich wohl fühlte, musste auch dieser Ort zerstört, seine Freunde umgebracht und seine Oase in Trümmern gelegt werden?

    Irritiert verfolgte Vanessa den Gefühlsausbruch, der vor ihr stattfand. Sie ließ ihn los und schaute sich nochmal um. Dann machte es Klick in ihrem Kopf. Das hier war Nickis kleines Reich gewesen. Er wollte sie aufhalten und konnte doch nichts mehr retten, es war schon so vieles zerstört. Da kamen Schuldgefühle in ihr hoch. Die kleinen Insekten waren ihr immer noch ziemlich egal, aber sie bedeuteten anscheinend Nicki sehr viel und er musste wohl auch sehr an ihnen hängen. Da erbarmte Vanessa sich, nahm den schluchzenden Jungen in die Arme und drückte ihn ganz fest. Nicki erwiderte die Umarmung und weinte sich an der Schulter seiner Peinigerin aus.

    „Waren das deine Leute?“

    „Ja“, weinte Nicki ganz leise.

    „Hast du sie schon länger gekannt?“

    „Ja.“

    „Komm her, es ist nicht schlimm, wenn du traurig bist. Hör mal, es tut mir wirklich leid. Wenn ich gewusst hätte, dass sie mit dir zu tun haben, hätte ich sie in Ruhe gelassen.“

    Keine Antwort. Vanessa nahm Nicki die Brille ab und legte sie auf den Boden. Dann kramte sie ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche hervor und trocknete ihm damit die Tränen. Allmählich beruhigte Nicki sich wieder und er blickte hilfesuchend zu Vanessa auf, die freundlich zurücklächelte. Sie hatte sich sehr verändert, dachte Nicki.

    „Weißt du, das hier sind nicht die einzigen Winzlinge hier im Wald, es gibt mindestens noch eine kleine Zivilisation hier von der ich weiß. Kopf hoch, die vermehren sich wie die Karnickel, das kann ich dir aus Erfahrung sagen. Du musst dir wirklich keine Gedanken machen, schau, ein paar Dörfer sind noch komplett unversehrt und die Stadt“, sie schaute rüber zu den Ruinen, „ ... reden wir lieber nicht über die Stadt. Wenn du willst, zeig ich dir meine kleinen Sklaven, sie denken, ich wäre eine Göttin, kannst du das zu glauben?“

    Nicki sah auch zur Stadt hinüber, das Trümmerfeld brachte ihm fast wieder die Tränen in die Augen.

    „Die Kathedrale habe ich mitgebaut.“

    „Echt, die hat wirklich beeindruckend ausgesehen. Du kannst stolz auf dich sein. Die nächste wird bestimmt noch besser.“

    „Warum hast du alles zerstört?“

    Diese Frage fing an, Vanessa peinlich zu berühren. Es war ohnehin nicht gerade ihre glänzenste Tat und dass Nicki so viel Herzblut in den kleinen Staat investiert hatte, machte alles nur noch schlimmer. Aber sie ließ sich nichts anmerken und ging stattdessen in die Offensive.

    „Hast du nicht den Eindruck, dass du dich ein bisschen zu sehr in diese Sache hineinhängst? Ich glaube nicht, dass der Zauber hier einem Orkan wirklich viel entgegenzusetzen hat, früher oder später wäre so was in dieser Art doch ohnehin passiert.“

    „Ist es aber nicht.“

    „OK, aber sie haben mich beleidigt und dann konnte ich einfach nicht anders, als mich ein wenig auszutoben, wieso kannst du das nicht auch mal aus meiner Perspektive sehen. Wir sind immerhin Menschen und das hier sind doch nur Insekten, ich denke doch auch nicht darüber nach, wenn ich eine Ameise zertrete, du etwa?“

    Nicki seufzte. Er hatte keine Lust, sich auf einen Streit einzulassen, den er nicht gewinnen konnte. Egal, wie gut seine Argumente waren, Vanessa würde immer etwas neues finden, um ihn zu kontern und einfach durch schiere Ausdauer gewinnen. Dann konnte er es auch gleich sein lassen. Für den Augenblick war er einfach froh, dass ihn jemand lieb hielt, auch wenn es die Person war, die ihn in erster Linie verletzt hatte. Er hatte doch sonst niemanden. Stattdessen blickte Nicki hinab, bis sein Blick an ihren Füßen hängenblieb. Zwischenzeitlich hatte Vanessa Zeit gehabt, sie in einer Pfütze zu waschen, sodass sie nicht mehr blutverschmiert und sogar ziemlich sauber waren. Vanessa merkte, dass Nicki nicht nur aus Trauer nach unten schaute und drückte seinen Kopf jetzt leicht auf ihre Brüste. Sie war immer noch unglaublich heiß von ihrer Zerstörungsorgie und sie bedauerte schon die ganze Zeit, dass sie die kleinen Männer nicht nehmen konnten. Außerdem war Nicki auch auf seine Art ein ziemlich hübscher Kerl, auch wenn es keine maskuline, sondern eben eine ziemlich fragile Schönheit war. Einen Mitleidsfick konnte er jetzt bestimmt ziemlich gut vertragen. Sie wagte es einfach.

    „Wieso starrst du eigentlich meine Füße so an?“

    Nicki lief knallrot an und rang um Worte. Er versuchte, seine Vorliebe so gut es ging zu verheimlichen, aber manchmal ließ er sich einfach gehen, wenn er dachte, dass er mit einem verstohlenen Blick davonkommen würde. Bisher ist es auch immer gut gegangen, aber jetzt fühlte er sich ertappt wie ein Schwerverbrecher.

    Das brachte Vanessa zum lachen. Sie nahm sein Kinn in die Hand und richtete seinen Kopf wieder auf, aber er wich immer noch ihrem Blick aus.

    „Ist schon in Ordnung. Du bist nicht der erste Mann, der darauf abfährt. Irgendwie finde ich es auch süß.“

    „Ehrlich. Denkst du nicht, dass ich ein ziemlicher Freak bin?“

    „Nein, natürlich nicht. Wenn du wüsstet, wie viele Männer heimlich darauf stehen, würdest du dich nicht schämen.“

    Da drückte sie ihm auch schon einen Kuss auf die Wange und fing an, ihn zu streicheln. Willenlos ließ Nicki alles mit sich geschehen und schloss die Augen. Da ging Vanessa in die Vollen und gab ihm einen langen Zungenkuss. Jetzt war sie sich sicher, dass er es auch wollte und fing an, an Nickis Sachen rumzufummeln und sich auch selbst zu entkleiden. Sie glitten zu Boden und Nickis Schwanz war bereits bretthart als sie dort ankamen. Vanessa ließ es langsam angehen und steigerte die Intensität ihrer Bewegungen nur allmählich, wenn es Nicki zu schnell wurde, ließ sie ihn wieder zu Atem kommen. Dafür, dass Nicki fast keine Erfahrung hatte, war er mit der Zunge doch überraschend geschickt und er berührte Vanessa an genau den richtigen Stellen.

    Hätte sie doch früher auf die Sensibelchen umgestellt, die maskulinen Kerle waren im Bett immer nur an sich selbst interessiert.

    Nach zehn Minuten kamen sie beide gleichzeitig. Eine weitere Viertelstunde lagen sie noch zusammen, wobei Nicki sich ganz eng an Vanessa ankuschelte. Das drumherum hatte er komplett vergessen, er war wie verzaubert von Vanessa, die alte Liebe ist wieder voll zurückgekehrt und brannte stärker als vorher.

    Sie dachte nach, wieso sollte sie ihn denn nicht fragen. Im Moment war sie Single und einen so unterwürfigen Freund hatte sie vorher noch nie gehabt. Sie hatte ihn bereits voll um den Finger gewickelt, er würde es nicht wage, ihr einen Wunsch auszuschlagen. Dafür würde er ja auch auf seine Kosten kommen.

    „Sag mal, willst du zu mir auf einen Kaffee? Ehrlich gesagt finde ich auch, dass es nicht die beste Idee ist, nackt mitten in der Öffentlichkeit rumzumachen, das siehst du bestimmt genauso?“

    Überglücklich stimmte Nicki zu und umarmte Vanessa noch einmal.

    „Mal sehen wie du dich in einem richtigen Bett schlägst. Wenn du gut bist, darfst du mir anschließend auch eine Fußmassage geben.“

  • Eine sehr gelungene Geschichte. Danke sehr!

    mk

    You’re not delivering a perfect body to the grave,
    time is not there to be saved.
    Life as a holiday, a moment stolen from the black;
    Before the demons drag you back,
    You won’t get everything you wanted.

  • Tolle Geschichte mit teilweise sehr überraschenden Wendungen. ;)

    Ich freue mich sehr auf den nächsten Teil.

    Der Blick geht nach oben. Eine gigantische Fußsohle rauscht herab. Es sind nur noch Sekunden bis die Knochen knacken und dann... klingelt der Wecker :(

  • Kapitel 1:

    [...], vielleicht könnte mich ich an solche Ehrerbietungen gewöhnen,[...]

    [...], gab Vanessa ihr einen Kuss,[...]

    Ich kannte den Begriff "attisch" für altgrieschiche Architektur gar nicht. Man lernt nie aus.

    Kapitel 2:

    Interessante Idee das Nickis Winzlinge nicht in der Antike, sondern im europäischen Spätmittelalter zu stecken schienen, bzw. schienen. Eigentlich eigenartig das sie und die Mykonier einander nie begegnet sind. Und seien es nur vereinzelte Reisende oder Händler.

    Mir gefällt die Story bisher sehr gut und werde bald weiterlesen.

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